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Rohschnitt Peter Brötzmann

FILM Matinee // Ein Film von Peter Sempel / D 2014

INSEL Lichtspiele im Rahmen von BRÖtz 2023!

Sonntag // 01. Oktober 2023 / 11:00 Uhr

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Cover Rohschnitt

Der Hamburger Regisseur Peter Sempel hat bereits Filme über Lemmy, den Bandleader, Sänger und Bassisten der Heavy-Metal-Band Motörhead, über den Beatpoeten Allen Ginsberg, die Sängerinnen Patti Smith und Nina Hagen oder über den Flamenco gedreht.

Sein Film "Rohschnitt Peter Brötzmann" ist eine Mischung aus Dokumentarfilm, Road Movie und Filmessay. Eine Jazz-Odyssee, so der Untertitel, von Wuppertal bis China.

Eine Veranstaltung von INSEL e.V.

Stimmen zum Film

Rohschnitt Peter Brötzmann

Zu Rohschnitt Peter Brötzmann von Peter Sempel

Ein Film mit und nicht über Peter Brötzmann, in seiner Musik und nicht über sie. Sempels Rohschnitt ist eine filmische Begehung von Brötzmanns Kraterlandschaft, zuweilen über Geröll stolpernd, dann entlang der musikalischen Klüfte, plötzlich schutzlos in der Eruption, oft ganz ruhig, fast nebenbei, aber immer mitten im Geschehen, gerade wenn nichts geschieht. Und oft geschieht nichts, oder vielmehr nicht das, was man gewohnheitsmässig erwartet.

Es sind Perspektiven des Publikums, die direkt in den Film eingehen, der Blick fokussiert zwar die Musizierenden, ist aber gleichermassen wach für die Zufälle der Umgebung, für die Räume und Realitäten, in denen die Musik stattfindet. Sempel widersetzt sich der Logik des Rampenlichts, und kommt damit dem Protagonisten Brötzmann umso näher: Er filmt Szenen, Szenerien, fast nie Inszenierungen, er stösst auf Situationen, nicht auf Settings. Keine polierten Konzertaufnahmen, dafür viel Musik. Keine gut ausgeleuchteten Interviewsequenzen, die Gespräche und Begegnungen finden beiläufig statt, überlagern sich mit der Musik, verschieben sich ins Alltägliche: Signieren, Händeschütteln, der Soundcheck, Reisebilder, der heimische Garten.

Dass Sempel auf seinem Trip mit Brötzmann keiner strengen Chronologie folgt, nicht nacherzählt, sondern die Odyssee elliptisch und zirkelnd montiert, macht den Film besonders unmittelbar: In dessen Brüchen und Sprüngen werden die Brechungen der Welt in unabseh-, aber sichtbarer Weise produktiv – hier klingt Brötzmanns brachiale, zuweilen skurrile, immer aber aufmerksame Musik mit. Es ist ein intimer Film, weil sich Sempel als Zuschauer, als Zuhörer nicht ausblendet. Manchmal gibt er sich der Drift hin, schweift ab, verlässt filmend das Konzertlokal, man hört seinen Atem, eine Katze im Hinterhof, ein zufälliger, subtiler Kontrapunkt zur Musik, die noch immer da ist. Manchmal greift er ein, greift nach einer Schallplatte, invadiert ungefragt, fragt nach. Oft beobachtet er nur, dokumentiert mit dem Auge für das Wesentliche, heisst: für das Nebensächliche.

Ist es ein Filmessay, ein Dokumentarfilm, ein Porträt, ein Roadmovie? Dass sich Rohschnitt nicht zuordnen lässt, ist nicht Resultat einer Unentschiedenheit, sondern Programm: Kultur entsteht nicht erst im Feinschnitt, sondern im rohen Material der Brechungen und Widersprüche, mit dem man konfrontiert ist. Es ist aber ein Film diesseits solch lauter Parolen, eigentlich ein stiller Film, dem man, läuft der Abspann, noch weiter folgen möchte, in die Welt hinaus.

S. Morgenthaler // Basel / Nov.2021


Michael Wertmüller // Drummer "FULL BLAST" / Brotfabrik Berlin

„Sempel´s Film "Rohschnitt Peter Brötzmann" ist adäquat einem Brötzmann Konzert, hoch und runter, laut und leise, intensiv und melancholisch.“


Rohschnitt Peter Brötzmann

Eine Jazz-Odyssee,
von Wuppertal bis China Film von Peter Sempel
Black Sun Flower Film & Foto

Der Hamburger Regisseur Peter Sempel hat bereits Filme über Lemmy, den Bandleader, Sänger und Bassisten der Heavy-Metal-Band Motörhead, den Beatpoeten Allen Ginsberg, die Sänge­rinnen Patti Smith und Nina Hagen und über den Flamenco gedreht. Seit Juni 2015 ist endlich „Rohschnitt Peter Brötzmann", der bereits am 3. Oktober 2014 Premiere beim Filmfest Hamburg hatte, bundesweit in den Filmtheatern.

Der Film, produziert mit Mitteln der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein, ist wieder eine Mischung aus Dokumentarfilm, Road Movie und poetischem Filmessay. Er beginnt mit einem Blick in Peter Brötzmanns Refugium in Wuppertal, wo er seit über 30 Jahren lebt, und einem Statement zu den Ursprüngen seiner Musik: „Das ist, wo die Musik eigentlich herkommt. Die kommt aus dem gottverdammten tägli­chen Leben. Und da ging's ums Geld­ verdienen, da ging's um Frauen, da ging's um Alkohol, da ging's ums Über­leben. Man muss sehr hartnäckig sein und das auch lange, lange durchhal­ten." Dieses Credo nimmt ein Resümee vorweg, der Film illustriert letztendlich diese Lebensmaxime. Brötzmann spielt, egal ob in Shenzhen, Tokyo, Hamburg, Berlin, Warschau, Chicago oder London, seine Musik, ohne jegliche Kompro­ misse, ohne alle Zwänge, ohne unnö­ tige Rücksichten. Free Jazz? Etikettie­rungen interessieren ihn nicht.

Er lebt für die Musik, für seine Musik, für seine Kunst. Die Grenze zwischen guter und schlechter Musik verläuft für ihn zwi­ schen Ehrlichkeit und Unehrlichkeit. Der Film ist so ehrlich und kompromisslos wie Brötzmanns Musik, er erklärt nichts, er wirkt durch seinen Protagoni­sten.

Peter Sempel hat weit über 50 Stunden Musik komprimiert, bisweilen mit harten Schnitten, bietet dem Betrachter aber auch immer wieder Ruhepunkte, um die Rezeptionsbereitschaft zu rege­nerieren. „Rohschnitt Peter Brötz­ mann' funktioniert wie Peter Brötz­ manns Musik: schnörkellos und direkt, in jeder Sekunde die volle Konzentra­tion fordernd. So ist der Film auch viel mehr eine Momentaufnahme als eine Biografie, viel mehr Teil der Musik als eine Abfolge schöner Bilder. Peter Sem­ pel assoziiert mit dem Untertitel eine Jazz-Odyssee. Eine Irrfahrt im Sinne Homers ist das Leben Peter Brötzmanns allerdings nicht, vielmehr eine abenteu­erliche Reise zu den ursprünglichen Klängen, zur Urmusik, zu Musik und Klang pur. Aber die Bilder stimmen.

Rainer Bratfisch


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